Freitag, 22. Februar 2013

Goslar will die Abgabe der Fremden haben

So titelte die GZ in der heutigen Ausgabe.
   Die Überschrift ist falsch. Offensichtlich von einer Volontärin bei deren ersten Gehversuchen auf der Lokalseite, die den Sinn einer Fremdenverkehrsabgabe nicht verstanden zu haben scheint. Aber Schwamm drüber. Der Titel zeigt allerdings auch, wie in Goslar an der Sache vorbeigeredet wird. Goslar benötigt nicht die Abgabe von Fremden, die Stadt will und braucht in erster Linie das Geld von denen, die in Goslar an den Fremden verdienen !
   Handel und Gastronomie in der Stadt Goslar können sich jährlich über den prozentual höchsten Zufluss an Kaufkraft im IHK-Bezirk Braunschweig freuen. Nach den letzten Zahlen aus dem Jahr 2009 erreichte die Kaufkraftbindungsquote einen Wert von 195,1 Prozent (2007: 185,6 Prozent). Dies entspricht einem Kaufkraftzufluss von 95,1 Prozent. Das heißt, dass von 359 Millionen Euro, die in Goslar ausgegeben wurden, 175 Millionen von außerhalb zugeflossen sind, nicht zuletzt auch durch den Tourismus.
   Gemessen daran, müsste die Stadt eigentlich „im Geld schwimmen“! Statt dessen geht sie am Stock.
Zum Vergleich:
Braunschweig: 155,1 %
Helmstedt      : 136,2 %
Peine             : 104,1 %
Salzgitter       : 102,5 %
Wolfenbüttel  :  96,5 %
Frank Heine schrieb am 20.06.2010 in der "Braunschweiger Zeitung":
Das Welterbe mit den Rekordwerten
„UNESCO-Weltkulturerbe und modernes Einkaufserlebnis – passt das? In der historischen Innenstadt Goslars wagen viele Händler notgedrungen den Spagat, auf kleinen Verkaufsflächen in schicken denkmalgeschützten Häusern ihre Waren anzubieten.
Offenbar überzeugt das Ambiente: Keine Stadt im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Braunschweig weist einen solch hohen Kaufkraftzufluss auf – konstant schon seit Jahren. Nirgends reisen so viele Menschen von außerhalb zum Einkaufen an, wie es in Goslar passiert. Wer wollte da nicht zufrieden sein?“
    Wer da nicht zufrieden sein sollte? Die Einwohner Goslars! Sie müssen überwiegend den Erhalt des Ambientes allein schultern, damit deren Nutzern 175 Mio. Euro mehr von außen zufließen, als sie an den Goslarern verdienen könnten. Wenn es denn das Ambiente ist, dass überzeugt, muss auch das „Ambiente“ dafür sorgen, dass es so bleibt bzw. verbessert wird.
    Eine Fremdenverkehrsabgabe ist in anderen Regionen ein probates Mittel. Sie wird erhoben von Personen und Firmen, denen vom Fremdenverkehr auf Dauer Vorteile erwachsen (Wikipedia) und sie kann nur erhoben werden, wenn die Übernachtungszahlen das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigen, weil erst dann angenommen werden kann, das besondere wirtschaftlich Vorteile aus dem Fremdenverkehr gezogen werden können – Goslar hat bei 42.000 Einwohnern 900.000 Übernachtungen pro Jahr.
    Das sieht nun so aus, als wären nur Beherbergungsbetriebe abgabepflichtig. Dem ist nicht so. Nach ständiger Rechtsprechung ist auch der mittelbar Bevorteilte fremdenverkehrsabgabepflichtig. Einen mittelbare Vorteil haben u.a. die, die an Unternehmen Geschäftsräume vermieten, die ihrem Umsatz jedenfalls zum Teil durch den Verkauf von Waren an Touristen erzielen. (OVG Schleswig-Holstein-2LB 16/08 vom 24.09.2008)
    Die Stadt muss alles daran setzen, dass die Kommunale Abgabenordnung in Niedersachsen an die anderer Bundesländer angepasst wird, damit auch hier statt einer Bettensteuer die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe möglich wird. Darüber hinaus wäre bis dahin zu prüfen, ob nicht im Sinne des OVG Urteils SH eine modifizierte Grundsteuerfestsetzung für Vermieter von Geschäftsimmobilien rechtlich möglich wäre, die ihren Umsatz zumindest zum Teil durch den Verkauf von Waren an Touristen erzielen.
    Wenn es der Stadt gelänge, das „Ambiente“ bzw. deren Nutzer, die die Gewinne einfahren, am Erhalt und an der Verbesserung des Stadtbildes zu beteiligen, wäre das ein großer Wurf. Dabei müsste das zu erwartende „Geheul“ über Kostenexplosionen und drohendem Arbeitsplatzverlust geflissentlich überhört werden. Angenommen 2,5% vom Kaufkraftüberschuss 2009, dass wären knapp 4,5 Mio. Euro, flössen pro Jahr zweckgebunden im obigen Sinne in die Stadtkasse, damit wäre die Fußgängerzone auf einen Schlag zu sanieren und das dafür vorgesehene Geld könnte in den Erhalt der übrigen Straßen fließen, was allen Goslarern zu Gute käme.
   Und wegen der Einbuße von 1,21 % vom Gesamtumsatz würde kein Unternehmen Goslar verlassen. Im Gegenteil. Würde die Stadt noch attraktiver, kämen noch mehr Touristen, wären die Geschäftsaussichten noch rosiger. Das Interesse des ECE an Goslar lässt grüßen...

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