Mittwoch, 17. August 2011

Wahlkampf und Facebook

In der GZ vom 17.08.2011 wird das Pro und Contra der Nutzung von Facebook zu Wahlkampfzwecken dargestellt. Dabei vertritt H.-G. Breuer die Contra-Position.
   Er begründet seine Haltung damit, dass man, obwohl man Fortschritt (gemeint ist das Internet) nicht aufhalten kann und soll, diesen nur mit Bedacht einsetzen darf, weil er eine Kehrseite habe und die heiße im fraglichen Fall „Wahrheit und Wahrhaftigkeit“.
   Ja was ist das denn? Reklamiert etwa Breuer für sich und die Printmedien einen höheren Standard an Wahrheit und Wahrhaftigkeit als Derjenige, der im Internet für sein persönliches Anliegen wirbt? Etwa, weil damit dessen Ansprüche nicht durch den Filter eines Journalisten oder über teure Werbemedien verbreitet werden?
   Spricht etwa folgendes Beispiel für Wahrheit und Wahrhaftigkeit in der GZ ?
In der gleichen Ausgabe berichtet Breuer über den Ratsantrag der FDP- Fraktion zur „Abmahnung und Versetzung der Leiterin des Kindergartens Löwenzahn“ und schreibt, dass die FDP Monika Ebeling wie folgt wörtlich zitiere:
   dass „ der Geschlechterkampf der vergangenen Jahrzehnte zahllose geknechtet und paralisierte Männer als Kanonenfutter und Industriesklaven hinterlassen habe."
   Das hat die FDP so geschrieben und Breuer so übernommen, obwohl er sich durch einen kurzen Blick in den „Focus“ von der (beabsichtigten?) Fehlerhaftigkeit der FDP-Passage hätte überzeugen können.
Dort steht nämlich:
   „Der Geschlechterkampf der vergangenen Jahrzehnte wurde mit harten Bandagen ausgetragen, und er hat zahllose und geknechtete und paralysierte Männer hinterlassen. Ein männerfeindliches Jahrhundert, welches den Mann als Kanonenfutter und Industriesklaven ausbeutete, war die beste Voraussetzung für diesen Coup.“
   Für mich hat der Satz einen ganz anderen Sinn, als der von der FDP „wörtlich“ zitierte. Aber kein Wort darüber, dass die FDP sinnentstellend argumentiert. Wozu auch? Schließlich hat die GZ ja die FDP wahrheitsgemäß zitiert.
Ein weiteres Beispiel:
   Die FDP schreibt, Ebeling behaupte, „dass politisch Verantwortliche und pädagogische Fachkräfte ihre feindliche Haltung gegenüber männlichen Kindern nur unzureichend kaschieren.“ Auch hier zitiert die GZ die FDP korrekt, im „Focus“ aber hat Monika Ebeling folgendes gesagt:
   „Politisch Verantwortliche und pädagogische Fachkräfte kaschieren nur unzureichend ihre mangelnde Jungenkompetenz.“
   Wie gesagt, die GZ hat die FDP richtig zitiert. Aber Breuers journalistischer Anspruch an Wahrheit und Wahrhaftigkeit hat wohl nicht ausgereicht, die Angaben der FDP kritisch zu hinterfragen und „Nicht-Focus-Leser“ wahrheitsgemäß auf die verfälschten Zitate der FDP hinzuweisen. Aber wer rechnet auch damit, dass eine "freiheitliche" Partei zu den Mitteln der Zitatsverfälschung greift, um dem eigenen Antrag mehr Durchschlagskraft zu verleihen.
Übrigens:
   Diese Kritik an einem Meinungsmonopolisten ist nur möglich, weil es das Internet gibt ! Ein Leserbrief in dieser Form wäre nie und nimmer erschienen, weil sich ja die GZ vorbehält, diesen zu kürzen und nur in von ihr bestimmten Fällen zu drucken, indem sie ausdrücklich darauf hinweist, dass es ein Recht auf Veröffentlichung nicht gibt.
Außerdem freue ich mich schon jetzt auf eine neue "putzige" E-Mail.

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